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Grad der Behinderung und Schwerbehindertenausweis bei Depression

Menschen mit einer Depression haben die Möglichkeit, einen Grad der Behinderung beziehungsweise einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen. Das bringt Vorteile und Unterstützung mit sich.

Frau sitzt in dunklem Raum im Fensterrahmen und blickt nach draußen | © pixabay

Ein Schwerbehindertenausweis bringt für Menschen mit einer psychischen Erkrankung einige Vorteile mit sich. (pixabay)

Mit der amtlichen Feststellung eines Grades der Behinderung nach dem Sozialgesetzbuch IX, sind umfangreiche Rechte auf staatliche Sozialleistungen verbunden, die sich auf die Lebensqualität und den Gesundheitszustand der betroffenen Person positiv auswirken können. Aus Angst vor Stigmatisierung oder Unwissenheit verzichten jedoch viele Betroffene auf eine Beantragung und somit auf die Wahrnehmung der für sie geschaffenen Rechte. Unter anderem auch aus diesen Gründen wird aktuell in der Politik diskutiert, den Begriff „Schwerbehindertenausweis“ durch die offizielle Bezeichnung „Teilhabeausweis“ zu ersetzen.

Die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises bewirkt speziellen Kündigungsschutz bei Anstellungsverhältnissen im Rahmen des Arbeitsrechts. Die Agentur für Arbeit hält außerdem gemeinsam mit dem Integrationsfachdienst umfangreiche berufliche Reha-Maßnahmen zur Unterstützung für Menschen mit Behinderung bereit. Die Beratung erfolgt hier durch speziell geschulte Inklusionsberater. Durch den erleichterten Zugang zu Sozialleistungen und gesellschaftlicher Unterstützung können Betroffene so die Gefahr der Kündigung und das Abrutschen in krankheitsbedingte Armut oder in die Wohnungslosigkeit senken.

Ein Schwerbehindertenausweis wird ab einem Grad der Behinderung in Höhe von 50 ausgestellt. Jedoch kann auch bereits ein Bescheid mit einer GdB-Einstufung in Höhe von 30 hilfreich sein, weil ab diesem Zeitpunkt ein Antrag auf Gleichstellung mit Schwerbehinderung möglich ist.

Rechtliche Grundlagen

Der Versorgungsmedizin-Verordnung – VersMedV ist eine Anlage beigefügt, die sogenannten Versorgungsmedizinischen Grundsätze. Diese enthalten in Teil A das Kapitel 3 „Nervensystem und Psyche“. Es gibt kein eigenes Unterkapitel für Depressionserkrankungen, eine entsprechende medizinrechtliche Einstufung der Schwere der Symptome richtet sich vielmehr nach den Kapiteln 3.6 „Schizophrene und affektive Psychosen“ sowie 3.7 „Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychischer Traumen“.

Detaillierte und zudem für den juristischen Laien verständlichere Anhaltspunkte für die rechtliche Bestimmung des Grades der Behinderung enthält zudem das Buch „Kommentar zu den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen“ von Wendler/Schillings (ISBN 978-3-9808427-8-5 , 9. Auflage).

Ein großer Irrtum, dem auch viele Therapeuten und Fachärzte mangels juristischer Kenntnisse unterliegen, ist der, dass für die Anerkennung eines GdB i.H.v. 50 die Diagnose „schwere Depression“ erforderlich ist. Jedoch richtet sich die versorgungsmedizinische Beurteilung nach dem Schwerbehindertenrecht nicht primär nach den sonst von Ärzten verwendeten internationalen ICD-Klassifizierungen, die zum Beispiel bei den üblichen Krankschreibungen an den Arbeitgeber verwendet werden. An erster Stelle steht im Schwerbehindertenrecht vielmehr die Bewertung im Rahmen der Versorgungsmedizin-Verordnung, die oft deutlich abweichende Fachbegriffe, Abstufungen und Kriterien zu Grunde legt.

Antragsverfahren und Bewertung medizinischer Fachgutachten

Die Beantragung eines Schwerbehindertenausweises erfolgt in der Regel beim zuständigen Versorgungsamt. Zentraler Bewertungsfaktor bei Depressionen ist der – in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen zunächst nicht weiter definierte – Begriff der „sozialen Anpassungsschwierigkeiten“. Wobei unter den Begriff der Anpassungsschwierigkeiten nicht nur Verhaltensstörungen fallen. Auch Betroffene, die als Hauptsymptome vorrangig Antriebsschwäche und Erschöpfungszustände aufweisen, sind hier mit eingeschlossen. Hier ist das Buch „Kommentar zu den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen“ sowie die aktuelle Rechtsprechung und juristische Fachgutachten zu Rate zu ziehen.

Bereits ab mittelgradigen Anpassungsschwierigkeiten ist bei Depressionen und ähnlichen Erkrankungen gemäß Tabelle ein GdB in Höhe von 50-70 anzusetzen, woraufhin vom Versorgungsamt ein Schwerbehindertenausweis ausgestellt werden muss.

Erfahrungsgemäß wird gerade bei den, häufig nicht sichtbaren, psychischen Erkrankungen der GdB von der zuständigen Behörde regelmäßig als zu gering eingestuft. Daher erhalten Betroffene häufig erst nach einem umfangreichen Widerspruchsverfahren oder einem Klageverfahren vor dem Sozialgericht die ihrer Erkrankung entsprechend angemessene Einstufung zur Wahrnehmung ihrer Rechte.

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Vorbereitung des Antragsverfahrens und rechtliche Vertretung

Für eine gezielte Durchsetzung und Wahrnehmung der vom Gesetzgeber geschaffenen Rechte für Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung kann es hilfreich sein, einige Monate vor Erstantragstellung beim Versorgungsamt eine geeignete Rechtsschutzversicherung abzuschließen. Diese sollte idealerweise auch die anwaltliche Vertretung im Sozialrecht bereits ab dem außergerichtlichen Widerspruchsverfahren abdecken. Viele Versicherungsgesellschaften bieten hier sogar Tarife ohne eine finanzielle Selbstbeteiligung an, eine Kündigung des Vertrages ist oft bereits zum Ablauf nach nur einem Jahr möglich.

Eine besonders kostengünstige Beratung und eine rechtliche Vertretung ab dem Widerspruchsverfahren ermöglichen zudem für einen überschaubaren finanziellen Jahresbeitrag gemeinnützige Sozialverbände wie der VdK Sozialverband oder der SoVD Sozialverband Deutschland. Auch eine Gewerkschaftsmitgliedschaft in Verbindung mit dem DGB Rechtsschutz kann die Durchsetzung der eigenen Rechte ermöglichen. Zudem können finanziell bedürftige Menschen beim örtlichen Amtsgericht einen Antrag auf Beratungshilfe oder Prozesskostenhilfe stellen.


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