Leas Erfolgsgeschichte – Mit Multiple Sklerose (MS) und Augenerkrankung den Berufsalltag meistern
Seit meiner Geburt im Jahr 1981 bin ich aufgrund einer Netzhautschädigung so gut wie blind. Grundschule und Gymnasium besuchte ich als Integrationsschülerin, lange, bevor der Begriff der Inklusion geprägt wurde. Anschließend studierte ich an der RWTH Aachen Kommunikationswissenschaft, Psychologie und Philosophie auf Magister. Während des Studiums engagierte ich mich in diversen Gremien und Ämtern der Hochschulpolitik und studentischen Selbstverwaltung, was – neben der Behinderung – mein Studium stark in die Länge zog.
Lea hat sich für eine Teilselbstständigkeit entschieden. (Lea Heuser)
Im Jahr 2006, noch mitten im Studium, wurde bei mir Multiple Sklerose (MS) diagnostiziert. Zwei Jahre später schnurrte mein bis dahin noch gut nutzbarer Sehrest von 2 Prozent durch einen beidseitigen grauen Star auf eine schwammige hell-dunkel-Suppe im nicht mehr messbaren Bereich zusammen. Da ich bereits als Kind sämtliche relevanten Blindentechniken gelernt hatte, war Letzteres weniger einschneidend als Ersteres. Die MS verlief in den ersten 14 Jahren sehr ruhig und die seltenen Schübe bildeten sich bis auf ein Gleichgewichtsproblem und Fatigue bei heißen Sommertemperaturen gut zurück. Indes werden seit einigen Monaten die Schübe häufiger und die Symptome hartnäckiger, was auf eine neue Krankheitsphase hindeuten kann.
Anfang 2016 wagte ich nach vielen erfolglosen Bewerbungen und frustrierenden Minijobs den Schritt in die Freiberuflichkeit. Als Kommunikations- und PR-Dienstleisterin, Texterin und Übersetzerin für Leichte und Einfache Sprache baute ich unter dem Namen kommunikatz eine Akquise-Webseite inklusive Blog auf. So zog ich gerade genug Aufträge an Land, um mich über Wasser zu halten und nicht lächerlich zu machen.
Vor dem Hintergrund, dass ich die Selbstständigkeit ziemlich planlos und weitestgehend ohne Beratung oder Unterstützung angegangen war, hatte ich weniger erwartet. Ich wurde ernst genommen und sowohl mein Umfeld als auch Außenstehende trauten mir das Freiberuflerinnen-Dasein zu, was ich als sehr bestärkend empfand. Ich vernetzte mich mit anderen Texterinnen, jedoch fand ich kaum Kontakt zu anderen freiberuflich tätigen Menschen mit Behinderung.
Inzwischen bin ich nur noch teilzeitselbstständig, da ich Anfang 2019 mit 20 Wochenstunden die Geschäftsführung des Welthaus Aachen e.V. übernommen habe. Der kleine, gemeinnützige Verein betreibt als Dachorganisation rund 20 weiterer Vereine ein selbstverwaltetes Haus mit Vereinsbüros und Veranstaltungsräumen.
Durch meine ehrenamtliche Arbeit in verschiedenen Bereichen bin ich dem Welthaus inhaltlich und ideell schon lange verbunden. Die Stelle wird nach Paragraph 16I des SGB II zeitlich begrenzt von der Arbeitsagentur gefördert. Meine Behinderung ermöglichte in der Anfangszeit den Zugang zu Fördertöpfen, ohne die sich der Verein eine hauptamtliche Geschäftsführung kaum hätte leisten können. Entsprechend wackelig ist der Erhalt der Stelle auf mittlere und lange Sicht und mir kommen meine Kenntnisse und Erfahrung in Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising aus Studium, Ehrenämtern und Freiberuflichkeit jetzt sehr zugute.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Lea und found-it.org für die Bereitstellung dieses Artikels.