Multiple Sklerose: Lebenserwartung und Prognose
Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch fortschreitende Erkrankung des zentralen Nervensystems. Doch hier ist die gute Nachricht: MS beeinflusst Ihre Lebenserwartung nur minimal und schwerwiegende Behinderungen sind eher selten. Mit der richtigen Therapie ist ein unabhängiges und erfülltes Leben mit MS durchaus möglich.
Lebenserwartung bei Multipler Sklerose. (EnableMe / Stiftung MyHandicap)
Die Diagnose Multiple Sklerose kann sich wie ein harter Schlag ins Gesicht anfühlen. Die Vorstellung, vielleicht später im Leben auf einen Rollstuhl angewiesen zu sein, ist zweifellos beängstigend. Doch lassen Sie sich nicht entmutigen: Der Verlauf von MS ist so individuell wie Sie selbst! Tatsächlich können die meisten Betroffenen auch noch 25 Jahre nach der Diagnose selbstständig und ohne umfangreiche Hilfsmittel leben.
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Wie verläuft MS?
Der Verlauf der Multiplen Sklerose (MS) kann ganz unterschiedlich sein. Zu Beginn äußert sie sich bei etwa 80 Prozent der Betroffenen schubförmig, bei denen MS-Symptome phasenweise auftreten. Zwischen diesen Schüben gibt es vor allem in den ersten Jahren der Erkrankung keine oder nur geringe Symptome. Dauer und Häufigkeit der Schübe sind ganz unterschiedlich und schwanken zwischen einigen Stunden oder mehreren Wochen. Manchmal verschwinden die Symptome von selbst, manchmal sind dafür Medikamente nötig.
Nach etwa 15 bis 20 Jahren haben die meisten Menschen mit MS keine Schübe mehr. Stattdessen geht es in einen sogenannten sekundär chronisch-progredienten Verlauf über. Klingt kompliziert, bedeutet aber einfach, dass keine klaren Phasen mit MS-Symptomen mehr abgrenzbar sind. Stattdessen werden die Symptome allmählich schlimmer, ohne je ganz abzuklingen.
Ausführlichere Informationen zu Symptomen bei MS finden Sie in unserem Leitartikel zu Symptomen und Ursachen von Multipler Sklerose.
PPMS
Es gibt auch Menschen, bei denen Multiple Sklerose gleich von Beginn an kontinuierlich fortschreitet, ohne abgrenzbare Schübe. Diese Form wird als „primär chronisch-progredient“ (abgekürzt auch PPMS) bezeichnet und tritt häufiger bei Menschen auf, die erst im Alter von über vierzig Jahren an MS erkranken. Etwa zehn bis zwanzig Prozent der Betroffenen haben diese Form.
MS = Ein Leben im Rollstuhl?
Aber wie schlimm wird es nun? Natürlich besteht im Verlauf der Multiplen Sklerose die Gefahr, so stark in der Gehfähigkeit eingeschränkt zu sein, dass ein Rollstuhl zu einer sinnvollen Maßnahme wird. Aber: Auch nach 25 Jahren Multipler Sklerose benötigen etwa zwei Drittel der Menschen mit MS keinen Rollstuhl und gut ein Drittel ist noch voll arbeitsfähig.
Die richtige Therapie und Behandlung erhöht die Wahrscheinlichkeit für einen milden Verlauf der Krankheit. Sonst weisen folgende Faktoren auf einen günstigen Verlauf hin:
- Die Krankheit beginnt vor dem 35. Lebensjahr
- Zu Beginn der Krankheit treten nur einzelne Symptome wie Kribbeln, Taubheitsgefühle oder Sehprobleme auf. Es treten KEINE Lähmungen oder Gleichgewichtsprobleme auf.
- MS-Schübe sind meistens kurz.
- Nach 5 Jahren haben sich noch keine schweren Behinderungen entwickelt.
Nur etwa ein Drittel von MS-Betroffenen erleben einen schweren Verlauf der Multiplen Sklerose. In erster Linie äußert sich das durch körperliche Behinderungen. Betroffenen kann damit das Gehen, Waschen und Anziehen oder allgemein das Führen des eigenen Haushaltes immer schwerer fallen, sodass nach einer gewissen Zeit eine helfende Hand, z. B. eine Pflegefachkraft, nötig wird.
Faktoren, die auf einen eher schweren Verlauf hinweisen, sind die folgenden:
- Zu Beginn der Krankheit treten bereits mehrere Symptome zusammen auf (z. B. Lähmung mit einer Sehstörung). Die Beschwerden sind hauptsächlich auf Schäden im Rückenmark und Kleinhirn zurückzuführen. Dazu gehören Sprachstörungen, Verhärtung und Steifheit von Muskeln oder starkes Zittern.
- Die MS-Schübe sind eher lang und Symptome bilden sich kaum zurück.
Im Prinzip ist der genaue Verlauf von Multipler Sklerose aber sehr individuell. Wichtig ist, die richtige Therapie und Behandlung für sich zu finden, um einen milden Verlauf optimal zu begünstigen.
Lebenserwartung und Lebensfreude mit MS
Multiple Sklerose ist nicht heilbar, aber auch keine tödliche Krankheit. Aktuelle Studien zeigen, dass die Lebenserwartung von Menschen mit Multipler Sklerose nur ca. drei bis fünf Jahre unter der durchschnittlichen Lebenserwartung von Menschen ohne MS liegt. Die Angst, an Multipler Sklerose zu sterben, stammt aus Zeiten, als die Folgen von Beeinträchtigungen und Behinderungen nicht gut behandelt werden konnten. Wenn heute eine Person mit MS stirbt, so ist die Multiple Sklerose nur in Ausnahmefällen die eigentliche Todesursache.
Ein erfülltes und glückliches Leben mit Multipler Sklerose ist also möglich. Neben der richtigen medizinischen Behandlung ist Ihre mentale Einstellung entscheidend für eine gute Lebensqualität. Es geht darum, die Krankheit zu akzeptieren und nicht gegen sie anzukämpfen. Sie müssen lernen, Ihre Einschränkungen anzuerkennen und Ihre Grenzen zu respektieren, ohne sie zu überschreiten. Ein wichtiger Schritt dabei ist, auf Ihren Körper zu hören und Überanstrengung zu vermeiden.
Das heißt übrigens nicht, dass Sport bei Multipler Sklerose komplett ausgeschlossen ist – im Gegenteil! Er kann dazu beitragen, Ihren Herz-Kreislauf zu stärken und Ihr Immunsystem zu unterstützen. Selbst bei fortschreitenden Einschränkungen kann Rehabilitations-Sport bei MS sinnvoll sein. Dieses spezielle Training wird in der Regel von den Krankenkassen auf ärztliche Empfehlung hin übernommen und konzentriert sich darauf, Ihre individuellen Schwachstellen zu stärken.
Wichtig ist aber noch der Hinweis, dass alle Prognosen auf statistischen Werten beruhen – Ihre individuelle Erfahrung mit MS kann also durchaus davon abweichen. Jeder Mensch hat seine einzigartige Geschichte mit der Krankheit und die Auswirkungen von Therapien können unterschiedlich sein.