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Die Kindergartenfrage bei einem Kind mit Behinderung

Bei einem Kind mit einer Behinderung hört das Leben nicht auf. Für diese Erkenntnis brauchte Claudia Schorn einige Zeit. Aber einen geeigneten Kindergarten für ihren Sohn zu finden gestaltete sich trotzdem schwierig.

Ein kleiner Junge sitzt auf der Bank und lacht fröhlich | © unsplash

Bei Kindern mit Behinderung kann die Frage nach einem passenden Kindergarten eine echte Herausforderung werden. (unsplash)

Ein gewöhnlicher Morgen in Nordrhein-Westfalen. Claudia Schorn bringt ihren eineinhalbjährigen Sohn Stefan zum Regelkindergarten. Dort wird er liebevoll von den Kindern und den Erzieherinnen empfangen – sein Down-Syndrom spielt dabei keine Rolle. Dann fährt die gelernte Marketingfachwirtin zur Arbeit. Sie befindet sich noch in Elternzeit und arbeitet an zwei Tagen in der Woche in einer Arztpraxis.

Im Kindergarten hat Stefan mittlerweile das gemeinsame Frühstück genossen und nimmt am täglichen Stuhlkreis teil. Danach ist Bastelstunde angesagt: Jeder baut sich eine Laterne für den Martinsumzug. Nach dem gemeinsamen Mittagessen macht Stefan einen kleinen Mittagsschlaf, bevor er von seiner Mutter um 15:30 Uhr abgeholt wird. „Dabei sehe ich ihn nie alleine in einer Ecke sitzen“, sagt sie. „Entweder hält ihn eine Erzieherin liebevoll auf dem Arm oder er spielt mit den anderen Kindern im Sandkasten oder in der Bauecke.“

Stefan hat schon einen Freund gefunden
Frau Schorn

Als Frau Schorn mit Stefan schwanger war, verlief alles normal. Den Eheleuten Schorn wurde daher keine Fruchtwasseruntersuchung nahegelegt. Die Geburt verlief ebenfalls problemlos. Erst vier Monate später diagnostizierte der Kinderarzt bei einer Routineuntersuchung bei Stefan Trisomie-21. Für Claudia und ihren Mann war das ein Schock. „Das hat uns den Boden unter den Füßen weggerissen. Ich konnte mir ein normales Leben nicht mehr vorstellen“, erzählt Claudia Schorn.

In ihrer Verzweiflung war es ein Glück, dass der Freundeskreis sie auffing: „Wie unsere Freunde reagierten, war einfach toll“, weiß Claudia noch. „Alle waren sehr unterstützend, keiner hat uns bis heute hängen lassen.“ Über eine Selbsthilfegruppe lernte sie zudem eine Familie kennen, die einen fünfjährigen Sohn mit derselben Diagnose hat. Dadurch bekam sie sehr viel Mut und Kraft zugesprochen.

Professionelle Beratung annehmen

Trotz dieser mentalen Unterstützung sah die Frühförderung bei Frau Schorn Beratungsbedarf und vermittelte den Kontakt zu Karin Schwartzenberger, einer Diplom-Sozialpädagogin vom Kinderneurologischen Zentrum des Sana Krankenhauses Gerresheim. Schwartzenberger berät Eltern von entwicklungsgestörten Kindern im Alter zwischen 0 und 18 Jahren.

„Frau Schorn konnte bei mir all ihre Gedanken aussprechen“, erinnert sich Schwartzenberger an das erste Gespräch. Dann fing Schwartzenberger langsam an, von ihr bekannten Familien zu berichten und Möglichkeiten an Unterstützung aufzuzählen.

Inklusion wird in vielen europäischen Ländern längst gelebt

Für Claudia Schorn öffneten sich dadurch neue Wege: „Ein Leben mit einem behinderten Kind kann ‚normal’ weiter gehen“ – das war für sie eine entscheidende Erkenntnis. Schwartzenberger schlug ihr vor, sie könne sich Entlastung beispielsweise durch eine Tagesmutter verschaffen und so wieder arbeiten gehen.

„Zu Hause ist mir diese Möglichkeit nicht mehr aus dem Kopf gegangen“, erzählt Schorn. Da sie selbst in Italien aufwuchs – einem Land, wo es „absolut normal ist, dass behinderte und nichtbehinderte Kinder gemeinsam einen Kindergarten oder eine Schule besuchen“ –, kam für sie nur ein Regelkindergarten in Frage.

Kinder spielen mit Autos auf einem Spielteppich | © unsplash Es braucht heutzutage einige Zeit, um einen Kindergartenplatz zu finden. (unsplash)

Sicherheit im Leben wiedererlangt

Als Claudia Schorn anfing bei Kindergärten anzufragen, machte sich schon bald Ernüchterung breit: „Frustrierend war, wenn man vermeintliches Interesse und Zusagen erhält und dann – nach einigen persönlichen Terminen – eine Standardabsage per Post erhalten hat.“ Sie gab dennoch nicht auf und suchte ein halbes Jahr lang intensiv nach einem Kindergartenplatz für Stefan.

Durch einen persönlichen Kontakt von Frau Schwartzenberger kam sie an einen Kindergarten des Deutschen Roten Kreuzes. „Die dortige Leitung sowie die Erzieherinnen gingen offen und positiv mit Stefans Behinderung um und haben sich zugetraut, ihn mit eineinhalb Jahren in eine Familiengruppe als einziges behindertes Kind aufzunehmen“, erzählt Frau Schorn. Die Zusage vom DRK gab ihr sehr viel Kraft. Dadurch hat sie, so Schwartzenberger, die Sicherheit in ihrem Leben wiedererlangt und konnte wieder arbeiten gehen.

Ein Kind mit Behinderung muss nicht Ausgrenzung bedeuten

Schwartzenberger sagt dazu: „Wenn Eltern ein behindertes Kind bekommen, lohnt es sich auf jeden Fall, das Leben als Herausforderung anzunehmen, sich professionelle Hilfe zu holen und ergebnisoffen in eine Beratungssituation zu gehen. Das ist die Botschaft, die dieser Fall an viele Familien richtet.“

„Wenn Eltern das Bedürfnis haben, ihr Kind im Regelkindergarten anzumelden, dann ist Frau Schorn ein tolles Beispiel dafür, dass es auch klappen kann und alle davon profitieren. Die Kinder, die Erzieherinnen in Stefans Gruppe, die Eltern dieser Kinder in der Gruppe und schlussendlich Stefans Familie, weil sie das Gefühl hat, dass ein Leben mit einem behinderten Kind nicht Ausgrenzung bedeuten muss“, resümiert Schwartzenberger.

Mit ihrem eigenen Beispiel möchte Claudia Schorn anderen Familien mit einem Kind mit Behinderung Mut machen: „Ich möchte ihnen vermitteln, dass es natürlich nicht leicht ist, ein Leben mit einem behinderten Kind zu führen. Aber es geht, es gibt Wege und es macht Spaß“, sagt sie.


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