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ADHS bei Erwachsenen: zwischen Fokus und Chaos

Wir erklären, wie sich ADHS bei Erwachsenen äußert und was Betroffene tun können, um den Alltag als neurodivergente Person besser zu bewältigen.

Foto einer Frau, die vor einem Laptop sitzt, aber nach links schaut. Sie wirkt unkonzentriert. | © pexels

Erwachsene mit ADHS tun sich oft schwer, sich auf eintönige Arbeiten zu konzentrieren. (pexels)

Schon wieder bis Mitternacht gezockt, über einem spannenden Buch gebrütet oder das nächste Kunstwerk gemalt, ohne zu merken, wie die Zeit vergangen ist? Oder umgekehrt: Beim Schreiben eines Berichts im Büro so abgelenkt gewesen, dass Sie einfach nicht weiter kamen? Wenn Ihnen das bekannt vorkommt, könnten Sie AD(H)S haben (einen Überblick über die verschiedenen Typen von AD(H)S geben wir in unserem Leitartikel zu ADHS.)

Menschen mit ADHS kennen in Sachen Konzentration oft keinen Mittelweg. Entweder sind sie wahnsinnig fokussiert und können sich stundenlang mit ein und derselben Sache beschäftigen – oder sie sind leicht ablenkbar und kriegen gefühlt nichts auf die Reihe. Daran beteiligt ist maßgeblich das Glückshormon Dopamin. Bei Aufgaben, die Betroffene interessant finden, wie zum Beispiel das oben erwähnte Zocken, wird sehr viel Dopamin ausgeschüttet, wodurch der sogenannte Hyperfokus aktiviert wird. Geht es hingegen um eine eher langweiligere Tätigkeit wie das Schreiben eines Berichts, verringert sich die Dopaminproduktion, was zu Unkonzentriertheit und einem Mangel an Motivation führt. 

Während die Dopaminproduktion bei Menschen mit ADHS also schnell mal in Schieflage geraten kann, ist sie bei neurotypischen Personen viel ausgeglichener, da ihr Gehirn auch bei weniger interessanten Aufgaben genügend Glückshormone produziert. Neben diesem Spagat zwischen Hyperfokus und Ablenkung gibt es aber noch weitere Symptome, die auf ADHS hinweisen können.

So äußert sich ADHS bei Erwachsenen

ADHS ist vielfältig und jede*r Betroffene*r erlebt die Symptome und deren Einfluss auf den Alltag individuell. Die drei folgenden Hauptsymptome treten jedoch sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen auf und sind ein starker Indikator für eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung:

  • Unaufmerksamkeit: Schwierigkeiten damit, sich zum Beispiel in Großraumbüros zu konzentrieren, Gruppengesprächen zu folgen oder bei Vorlesungen und Meetings lange zuzuhören.

  • Körperliche Unruhe, Hyperaktivität: Probleme damit, lange stillzusitzen, ständiges in Bewegung sein durch Fingertrommeln oder Wippen mit den Füßen.

  • Impulsivität: Unterbrechen von Gesprächspartner*innen, erhöhte Unfallgefahr im Straßenverkehr, impulsive Käufe sowie andere, vorschnelle Entscheidungen.

Besonderheiten bei Erwachsenen

ADHS entwickelt sich immer in der Kindheit, wurde aber vielleicht einfach nicht diagnostiziert. Auch wenn die obigen Hauptsymptome sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen auftreten, können sie sich je nach Alter unterschiedlich äußern. So wirken Erwachsene nach außen vielleicht weniger zappelig, haben aber mit innerer Unruhe zu kämpfen. Oder anstatt dem chaotischen Kinderzimmer sind es jetzt Vergesslichkeit, Verspätung oder Hektik vor Terminen, die besonders auffallen. Es ist also kein Wunder, dass emotionale Unausgeglichenheit zu den Begleitsymptomen von ADHS zählt, denn das mit der Unorganisiertheit einhergehende negative Selbstbild schlägt natürlich auf die Stimmung. Kommt dann noch eine geringe Stresstoleranz hinzu, ist das Chaos für ADHS-Betroffene perfekt und Probleme in Beziehungen und im Beruf sind vorprogrammiert. Diese wiederum führen oft zu psychischen Begleiterkrankungen, sogenannten Komorbiditäten, wie Angstzuständen, Depressionen oder Burnouts, wie wir in unserem Beitrag „ADHS und Begleiterkrankungen“ erläutern.

Habe ich ADHS?

Gerade, weil sich ADHS-Symptome im Laufe des Lebens verändern, ist eine Diagnose im Erwachsenenalter schwierig. Immerhin kennen es Betroffene nicht anders, sie haben sich an das Chaos gewöhnt. Oder sie haben Strategien entwickelt, um besser mit den Symptomen umzugehen, beziehungsweise sie gar zu verschleiern. Vor allem bei Frauen ist es häufig so, da sie als Kinder weniger auffallen als Jungs mit ADHS und deshalb erst spät oder gar nicht diagnostiziert werden. Mehr über ADHS bei Frauen lesen Sie in unserem Artikel. Aber wie lässt sich ADHS im Erwachsenenalter dann überhaupt feststellen? Ein erster Anhaltspunkt ist der Selbsttest der Weltgesundheitsorganisation WHO. Auch der Austausch mit anderen Betroffenen sowie Nachforschungen in der Familie können für mehr Klarheit sorgen, denn ADHS ist auch genetisch bedingt. 

Ob Sie nun ADHS haben oder nicht: bei psychischen Krankheiten, die Ihre Lebensqualität beeinflussen, lohnt sich ein Gang zu einer Fachperson. 

So verläuft die Diagnose im Erwachsenenalter

Um festzustellen, ob Sie von ADHS betroffen sind, müssen Sie sich an Expert*innen wenden, die eine umfassende Abklärung durchführen können. Dazu gehören Psycholog*innen, Psychiater*innen oder Neurolog*innen, die mittels Fragebögen oder Gesprächen versuchen, Hinweise auf ADHS zu finden. Auch körperliche Untersuchungen, zum Beispiel Hör- und Sehtests werden oft durchgeführt, um andere Ursachen für Ihre Beschwerden auszuschließen. 

Die Abklärung kann mehrere Sitzungen umfassen, ist also sehr aufwändig und dadurch auch teuer, weshalb Sie unbedingt vorher abklären sollten, ob Ihre Krankenkasse einen Teil der Kosten übernimmt.

Trotzdem lohnt sich der Aufwand. Denn zu wissen, dass man nicht „unfähig“ oder „faul“ ist, sondern einfach ein bisschen anders, kann eine ungemeine Erleichterung sein. Außerdem können Sie nach der Abklärung mit der Suche nach geeigneten Behandlungsmöglichkeiten beginnen. 

Behandlung von ADHS

Die gute Nachricht: es ist nie zu spät, um ADHS zu behandeln! ADHS ist zwar nicht heilbar, aber verschiedene Therapieansätze können Ihnen helfen, den Alltag besser zu meistern und Ihre Lebensqualität erheblich verbessern. 

Für ADHS gibt es mehrere Behandlungsmethoden, die oft kombiniert angewandt werden:

  • Verhaltenstherapie zur Erarbeitung von Problemlösungsstrategien alleine oder in Gruppen.

  • Medikamentöse Therapie für den Ausgleich der Botenstoffe im Gehirn. Die erhältlichen Präparate sorgen für mehr Konzentration und weniger Unruhe, können aber auch starke Nebenwirkungen haben, weshalb sie nur unter Aufsicht einer Fachperson eingenommen werden sollten.

  • Tiergestützte Therapie zur Freisetzung von positiven Reizen und Stärkung des Selbstwertgefühls.

Foto eines Notizbuchs auf einem weißen Tisch, in dem eine To-Do-Liste aufgeführt ist. | © pexels Planer und To-Do-Listen können Ihnen helfen, fokussiert zu bleiben. (pexels)

Leben mit ADHS: Tipps zum Umgang mit Symptomen 

Am wichtigsten ist, dass sich Betroffene Unterstützung von Fachpersonen holen. Mittlerweile gibt es sogar ausgebildete ADHS-Coaches, die mithilfe von gezielten Coachings für neue Impulse sorgen können. Aber auch die folgenden Tipps können Ihnen den Alltag erleichtern: 

  • Struktur und Routinen: Setzen Sie sich feste Zeiten für Aufgaben und Aktivitäten, um Ablenkungen zu minimieren. Rituale und Routinen können ebenfalls helfen, einen klaren Tagesablauf zu schaffen.

  • Regelmäßiger Sport und Bewegung im Alltag: Sport kann dazu beitragen, überschüssige Energie loszuwerden, Stress abzubauen und die Konzentration verbessern.

  • Arbeitsumgebung optimieren: Schaffen Sie eine Umgebung, die Ihre Konzentration fördert, zum Beispiel einen aufgeräumten Arbeitsplatz oder keine Ablenkung durch ein zu lautes Radio.

  • Prioritäten und Ziele stecken: Teilen Sie große Aufgaben in kleinere, leichter zu bewältigende Teile auf, um Überforderung zu vermeiden. Nutzen Sie To-do-Listen und belohnen Sie sich, wenn Sie einen Punkt abhaken können.

  • Pausen einplanen: Planen Sie gezielte Pausen im Alltag ein. So reduzieren Sie Stress und verhindern zugleich Langeweile. Setzen Sie sich, wenn nötig, einen Timer, der Sie daran erinnert. 

  • Gesunde Lebensgewohnheiten: Achten Sie auf ausreichend Schlaf, gesunde Ernährung und regelmäßige Mahlzeiten.

  • Unterstützung suchen: Teilen Sie Herausforderungen mit Freund*innen, Familie oder Kolleg*innen, denn Ihr Umfeld kann Sie nur unterstützen, wenn es über Ihre Herausforderungen Bescheid weiß.


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