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Die realen Personen hinter dem Film Wochenendrebellen im Interview

Der Film „Wochenendrebellen“ erzählt die bewegende Geschichte von Mirco und seinem autistischen Sohn Jason. Geplant ist der Kinostart für den 28. September 2023. Die Handlung konzentriert sich auf Jasons Wunsch, seinen Lieblingsfußballverein zu finden, was zu einer ungewöhnlichen Reise durch Deutschland führt. Im Interview erzählen Jason und Mirco uns nicht nur, wie der Film entstanden ist, sondern auch, was sie heute glücklich macht und ob sie immer noch zum Fußball gehen.

Szenenbild von Mirco (Florian David Fitz) und Jason (Cecilio Andresen) am Bahnsteig. | © Szenenbild Wochenendrebellen I JETZT & MORGEN GbR

Szenenbild aus dem Film Wochenendrebellen (Szenenbild Wochenendrebellen I JETZT & MORGEN GbR)


Das Interview gibt es auch als Video zu sehen. 

Jetzt zum Video


Mirco: Huhu mein Name ist Mirco Juterczenka und ich bin Autor von „Wir Wochenendrebellen“. Gemeinsam mit meinem Sohn Jason werden wir einige Fragen zum Film beantworten und ich darf der Interviewer sein und Jase wird antworten.

Lieber Jason, wie ist denn die Idee zum Film entstanden?

Jason: Ich hatte die Idee zum Film nicht.

Mirco: Das stimmt, die Idee hatte Richard Kropf, als er das Buch am Flughafen gekauft und gelesen hat und gesagt hat: Das ist Kinostoff, das würde er gerne verfilmen. Dann hat er Kontakt zu uns aufgenommen und dann ging’s los und ich würde mal sagen, es hat sich gelohnt.

Jason: Ja.

Mirco: In welcher Form warst du am Film beteiligt Jase?

Jason: Ich stand sehr in Kontakt mit Richard und wir haben eben sichergestellt, dass unsere Geschichte dort wiedergegeben wird und dass jede Szene auch so passiert ist oder so hätte passieren können. Ich hatte viele Monologe und Vorträge tatsächlich 1:1 Richard gegeben und sie haben es zum Teil auch 1:1 so in den Film geschafft. Und natürlich für wissenschaftliche Fragestellungen stand ich immer zur Verfügung, sprich ich war an der Entstehung des Drehbuchs beteiligt.

Richard Kropf ist Drehbuchautor des Films. Er entdeckte das Buch am Flughafen und nachdem er es las, wusste er sofort: Da steckt ein Kinofilm drin!

Mit Blick auf die abschließenden Dreharbeiten sagte Kropf über Vater und Sohn: „Ich bin ihnen ewig dankbar, dass sie mir ihr Vertrauen geschenkt und an meine Vision geglaubt haben. Und natürlich bin ich sehr erleichtert, ihr Vertrauen nicht enttäuscht zu haben“ ,denn Interessenten die Geschichte zu verfilmen gab es mehrere.

Mirco: Ok. Im Film geht’s ja auch viel um Autismus Jason. Gab's denn einen Zeitpunkt, als du das erste Mal gemerkt hast, dass manche Dinge bei dir so ein bisschen anders sind als bei anderen Kindern?

Jason: Ja, aber ich würde den Satz umdrehen. Ich hab bemerkt, dass viele Dinge bei anderen Kindern anders sind als bei mir. Es gibt ja diesen berühmten Begriff „Wrong-Planet-Syndrom“ für Autismus, der irgendwie ausdrücken soll, dass viele Autist*innen sich so fühlen, als wären sie auf dem falschen Planeten gelandet. Ich hatte mich eher so gefühlt, als wären alle anderen auf dem falschen Planeten gelandet und das war ja damals auch mein Eindruck, weil sie haben sich einfach sehr unlogisch und wenig nachvollziehbar verhalten. 

Es gab ein Spiel in meinem Kindergarten, wo man verschiedene Teppiche hatte und dann ist man von Teppich zu Teppich gesprungen und ist dabei auf verschiedenen Planeten gelandet. Und der Punkt war, dass viele von den Planeten, auf denen man gelandet ist, gar keine feste Oberfläche hatten, auf der man hätte landen können – Neptun oder Uranus. In dem Moment wurde mir so klar, irgendwie sind die Menschen um mich herum seltsam.

Jason (Cecilio Andresen) steht an der Tafel vor seinen Mitschüler*innen | © Szenenbild Wochenendrebellen I JETZT & MORGEN GbR Filmszene: Jason erklärt seinen Mitschüler*innen, was ihm durch den Autismus schwerer fällt. (Szenenbild Wochenendrebellen I JETZT & MORGEN GbR)

Mirco: Im Film spielt – haben wir gerade ja gesagt – Autismus natürlich eine große Rolle: Welchen Einfluss hatte das denn früher auf unser Leben und welchen Einfluss hat der Autismus heute?

Jason: Es hatte immer sowohl Behinderungen als auch Behilflichkeiten, die eng miteinander verknüpft waren und die sich nicht trennen ließen. Ich würde sagen, weil wir eben inzwischen viele Lösungen gefunden und Erfahrungen gesammelt haben, hat sich das Verhältnis zwischen Behinderung und Behilflichkeit mit der Zeit in den letzten Jahren zugunsten der Behilflichkeiten verschoben. Aber es bleiben auch nach wie vor viele Behinderungen und behindernde Aspekte, mit denen man Tag für Tag leben muss.

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Mirco: Genau. Für mich hat das heute überhaupt keinen Einfluss mehr. Seitdem Jase und ich das Konzept der radikalen Akzeptanz pflegen, heißt das einfach, wenn der eine von dem anderen Hilfe braucht, dann wird nicht hinterfragt ob er das nicht eigentlich schon längst selber können müsste, sondern dann wird geholfen und genauso wenn einer von uns beiden sagt, das schaff ich alleine, dann hat der andere das zu akzeptieren, ganz einfach eigentlich.

Jason: Ja.

Mirco: Im Film wird erzählt, dass Regeln und Routinen für dich wichtig sind. Magst du da vielleicht mal so ein oder zwei Beispiele nennen?

Jason: Ja natürlich. Ich denke, uns allen sind Regeln eigentlich recht wichtig, weil mit Regeln funktionieren Dinge einfach einfacher. Denkt nur an unsere Sprache, je mehr Regeln es gibt und je weniger man irgendwie auswendig lernen muss und sich erschließen muss, desto einfacher ist es. Und so gilt das auch im Alltag. Und wenn ich einfach weiß, wenn ich aufstehe, was jetzt als nächstes passiert und andere helfen mir dabei, zum Beispiel die Schuhe anzuziehen. Oder unsere Familienvereinbarung, die wir bei uns zum Beispiel haben, die einfach bestimmte Gesetze und Regeln festlegt, auf die man sich verlassen kann. Zum Beispiel das freie Recht auf Selbstbestimmung, eben, dass wir uns alle darauf geeinigt haben, dass wir Dinge, die nur uns betreffen, auch selbst entscheiden können. Diese Regeln sind einfach unfassbar wichtig, weil sie Platz für die wichtigen Dinge schaffen.

Mirco: Gibts denn etwas, was Mitmenschen im Umfeld beachten können, um Autist*innen zu unterstützen ein zufriedenes Leben zu führen?

Jason: Ich würde hier auch wieder für die radikale Akzeptanz werben. Ich kann euch nicht sagen, was allen hilft. Ich kann euch nur sagen, fragt nach und nehmt es ernst.

Mirco: Wie gehst du mit Reizüberflutung um?

Jason: Ich versuche sie zu vermeiden. (beide lachen)

Mirco: Ja, das ist so unsere Hauptstrategie. Was heißt für dich Krieg im Kopf?

Jason: Krieg im Kopf ist eine Metapher, die ich mal verwendet habe, um das Gefühl während eines Overloads zu beschreiben. Ein sehr unangenehmes Gefühl, ja, ich denke, das ist tatsächlich die beste Beschreibung dafür.

Was ist ein Overload?

Ein „Overload“ bei Autismus tritt auf, wenn eine autistische Person von zu vielen sensorischen, emotionalen oder sozialen Reizen überwältigt wird. Dies kann zu Stress, Angst oder emotionalen Ausbrüchen führen und erfordert oft individuelle Bewältigungsstrategien und Unterstützung.

Mirco: Eine Welt zwischen Fußball und Quantenphysik: Was hat beides für euch zu bedeuten und wie seid ihr zum Fußball oder zur Quantenphysik gekommen?

Jason: Zur Quantenphysik bin ich vor allem deshalb gekommen, weil eben dort alles ganz strikten Regeln folgt. Die können nicht gebrochen werden, sie sind immer gleich, völlig egal wer was erzählt, wer was behauptet, es ist einfach egal. Die Dinge bleiben über Milliarden Jahre gleich. Alles folgt den selben Regeln. 

Beim Fußball ist es das exakte Gegenteil, ich war zum ersten Mal dort und dachte, WOW, was ist hier los? Was sind die Leute mit den Fahnen und den Gesängen und den Farben und ich war sehr neugierig. Und ich wollte wissen, was dort los ist und ich wollte wissen, wie es sich anfühlt Fan zu sein und so sind wir auf die Suche gegangen.

Mirco: Genau. Und mich hat Fußball schon immer begleitet. Aktiv, als kleiner Stempel, mein Papa hat mich immer gefahren, danach bis in den Seniorenbereich. Fußball war immer ein ganz, ganz, ganz, ganz entscheidender Bestandteil. 

Und Quantenphysik, da ist es sehr sehr ähnlich. (Jason lacht) Ich glaube ich war, weiß ich nicht wie alt, aber auf jeden Fall viel zu alt, bis ich festgestellt habe, dass Quantenphysik nichts mit der Vermessung von Füßen zu tun hat. Von daher, das ist so nicht mein Thema.

Jason in seinem Zimmer vor einer Wand mit Fanschals. Er hockt auf einem Stuhl mit einer Schale, darin Zettel mit allen Fußballvereinen in Deutschland. | © Szenenbild Wochenendrebellen I JETZT & MORGEN GbR Filmszene: Jason wählt Fußballverein für den nächsten Stadionbesuch aus. (Szenenbild Wochenendrebellen I JETZT & MORGEN GbR)

Mirco: Wann seid ihr so richtig glücklich?

Jason: Ich würde sagen beim Zugfahren und wenn ein Plan auf dem Weg, die Welt gerechter zu machen, funktioniert. Das macht mich sehr glücklich.

Mirco: Mich macht es sehr glücklich, glückliche Menschen zu sehen, und je näher mir diese Menschen stehen, desto glücklicher bin ich dementsprechend. Das heißt, ich bin natürlich besonders glücklich, wenn ich meinen Sohn, meine Frau und meine Tochter glücklich sehe, aber auch so, glückliche Menschen machen mich irgendwie glücklich.

Geht ihr immer noch gemeinsam ins Stadion und für welchen Verein haltet ihr die Daumen?

Jason: Wir gehen jetzt noch ins Stadion, weil wir noch keinen Lieblingsverein für mich gefunden haben und mit jedem Stadionbesuch schwindet so ein bisschen der Glauben daran, dass das noch passiert. Aber dann passiert es nicht, ich kann gut damit leben, für immer auf der Suche zu sein.

Mirco: Ja, wir gehen tatsächlich noch ins Stadion. Ich durfte letzte Woche den Abschluss unseres nächsten Buches „Chaos auf Augenhöhe“ lesen. Ein Kapitel von Jason und da beschreibt er ganz liebevoll, dass er glaubt, dass das noch sehr, sehr lange dauert und dass er mich irgendwann mit dem Rollstuhl ins Stadion schiebt. Und auch darauf freue ich mich sehr.

Viel Spaß im Kino. Tschöö

Jason: Tschüss

(Winken)

Hier gibt's mehr zum Film:

Sie möchten noch weitere Informationen über den Film, bevor Sie ins Kino gehen? In unserem Filmtipp finden Sie einige Insights und mehr über die Hintergründe zum Film.


Das Interview als Video


Danke Jason, danke Mirco für euer Interview, dass ihr mit uns teilt. Wir wünschen euch alles Gute und viel Erfolg mit dem neuen Buch!


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