Die Fortschritte und die Zukunft der Prothesen-Kunst
Mit der Kraft der Gedanken eine Prothese zu steuern, ist inzwischen kein Science-Fiction mehr. Was vor ein paar Jahrzehnten noch undenkbar schien, ist heute mit sogenannten myoelektrischen Prothesen möglich. Wie kann das funktionieren und ist mit einer Prothese auch das Fühlen realisierbar? In diesem Artikel erfahren Sie welche Fortschritte die Prothesenforschung in den letzten Jahren erreicht hat und welche Fortschritte in der Zukunft gelingen könnten.
Mit dem Fortschirtt der Technologie und Erkenntnissen über den menschlichen Körper, werden Prothesen immer genauer und intuitiver. (Pexels.com)
Prothesen sind künstlich erschaffene Ersatzteile für Gelenke, Gliedmaßen oder Organe. Diese sollen die Funktionen eines Körperteils ersetzen, das durch Krankheit, einen Unfall oder genetisch bedingt nicht vorhanden ist oder seine Funktion verloren hat. Allgemein lassen sich Prothesen in drei Gruppen einteilen:
- Prothesen, die von außen an den Körper mit Haltevorrichtungen angebracht werden. Beispielsweise Bein- oder Handprothesen.
- Endo-Exoprothesen sind Prothesen, die fest mit dem Körper verbunden, aber auch nach Außen sichtbar sind. Beispiele hierfür sind Zahnimplantate, das Cochlea-Implantat oder Bein- und Armprothesen, die mit einem Knochen verbunden sind.
- Endo-Prothesen sind vom Körper umschlossen. Hierzu zählen zum Beispiel künstliche Hüftgelenke oder Organe.
Durch Forschungen in verschiedenen Bereichen wie der Medizintechnik, Ingenieurwissenschaften und dem Studieren des menschlichen Körpers, werden Prothesen stetig weiterentwickelt und raffinierter.
Der menschliche Körper als Vorbild
Der menschliche Körper ist das größte Vorbild beim Bau von Prothesen, denn er ist ein sehr raffiniertes System. Viele Entwickler von Prothesen beschäftigen sich daher damit, die Bewegungsabläufe und Prozesse des Körpers so genau wie möglich zu verstehen. Es wird untersucht welche Belastungen und Kräfte auf ein Körperteil wirken oder wie Muskeln und Gelenke zusammenspielen. Im Rahmen der Bionik werden die Erkenntnisse in die Technik übertragen und das jeweilige Körperteil wird mit Mikromotoren und elastischen Materialien so detailliert wie möglich nachgebaut. Durch die Erkenntnisse zum menschlichen Körper, die Entdeckung neuer Materialen und die Fortschritte in der Technologie, werden Prothesen mit der Zeit dem ersetzten Körperteil immer ähnlicher.
Die bisherigen Fortschritte haben dazu beigetragen aktive Prothesen zu entwickeln. Unter aktiven Prothesen versteht man solche, die sich automatisch an verschiedene Situation und geforderte Bewegungsabläufe anpassen. So wird es möglich, dass die selbe Beinprothese sowohl für das Laufen als auch für das Gehen eingesetzt werden kann. Bei einer passiven Prothese hingegen müsste man für das Laufen und das Gehen unterschiedliche Prothesen verwenden, die auf die jeweilige Bewegung ausgelegt sind.
Intuitive Steuerung
Die Bewegungssteuerung eine Prothese, die von außen an den Körper angebracht wird, kann sehr unterschiedlich sein. Bei manchen Prothesen können bestimmte Bewegungen per Bluetooth über eine App ausgewählt werden. Andere Prothesen werden über bestimmte Bewegungen des Körpers gesteuert – eine bestimmte Schulterbewegung öffnet die künstliche Hand, eine andere schließt sie. Der Nachteil hierbei ist, dass sich der Benutzer der Prothese an die Funktionsweise anpassen muss und die Steuerung nicht intuitiv erfolgt. Hier sind in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte erfolgt.
Mit sogenannten myoelektrischen Prothesen ist es möglich, dass sich die Prothese an den Benutzer anpasst und nicht andersrum. Die Steuerung dieser Prothesen erfolgt über den Gedanken an eine Bewegung. Dies wird mit Elektroden möglich gemacht, die am Stumpf des jeweiligen Körperteils angebracht werden und über die Nerven an dieser Stelle mikroskopische Bewegungen erfassen. Über eine App trainiert man die Prothese, indem man angibt, an welche Bewegung man gerade denkt. Der Gedanke löst bestimmte Bewegungen an den Nervenenden aus. Die Prothese merkt sich die Bewegungsmuster und kann mit der Zeit die Bewegung automatisch ausführen. Dann reicht der Gedanke daran die Hand zu öffnen und die künstliche Hand öffnet sich. Dieser Ansatz der Steuerung ist um einiges intuitiver.
Eine verbesserte Bewegung der Prothese kann über Endo-Exoprothesen möglich gemacht werden. Hier werden Mikrosensoren direkt an die Nerven eines Oberschenkels oder Arms angesetzt. So kann die Steuerung noch schneller und genauer erfolgen, da kleinere Bewegungen erfasst werden können. Auch Störungen, die durch Schwitzen oder die Mechanik der Prothese aufkommen, fallen weg und die Signalerkennung wird somit zuverlässiger.
Spüren mit der Prothese
Die Vorstellung trotz fehlender Hand die Umgebung mit einer Prothese spüren zu können, ist sehr attraktiv. Die Umsetzung stellt jedoch eine große Herausforderung dar. Einige Prothesen haben eine Vibrationsfunktion, die ausgelöst wird, wenn die Prothese in Kontakt mit einem Gegenstand kommt. Weitere Modelle arbeiten mit Rückmeldung durch veränderte Temperatur.
Ein tatsächliches Gefühl in der Prothese zu kreieren, ist jedoch schon schwieriger. Denkbar ist eine Umsetzung mit einer Endo-Exo-Prothese und der Übertragung von dem Gefühl über die Nervenbahnen. Ob dies wirklich gelingt ist jedoch nicht klar. Auch inwieweit die Intensität oder Lokalisation des Druck abgebildet werden kann, bleibt offen. Wär dies möglich, so könnte gespürt werden, ob gerade der Daumen oder der Zeigefinger berührt wird und wie fest diese Berührung ist.
Materialien der Zukunft
Die älteste bisher gefundene Prothese ist eine ca. 3000 Jahre alte, aus Holz und Leder gefertigte Zehen-Prothese aus dem alten Ägypten. Auch im römischen Reich und alten China haben die Menschen Prothesen aus Holz und Eisen gefertigt. Inzwischen verwendet man für Prothesen leichte Materialien wie Silikon, Karbonfasern oder Kunstharz. Und teilweise stammen Prothesen aus dem 3D-Drucker. In der Zukunft könnten Implantate und Exo-Prothesen aus organischem Material gefertigt werden. Auch diese könnte man mit einem 3D Drucker passgenau drucken. Das organische Material bringt den Vorteil mit sich, dass es vom Körper schneller akzeptiert wird und zudem biologisch abbaubar ist. Eine weitere Forschung beschäftigt sich mit Implantaten aus organischem Material, die sich an den Körper anpassen und sogar mitwachsen. So müssten Prothesen von Kindern nicht nochmals ausgetauscht werden.
In den letzten Jahren gab es erhebliche Fortschritte im Prothesenbau und nach wie vor finden viele Forschungen mit dem Ziel statt, die Prothesen immer weiter zu verbessern. Man kann gespannt auf die Entwicklung blicken und welche weiteren Science-Fiction Ideen Realität werden.