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Lormen: Kommunikation durch Berührung

Das Lormen ist ein „Tastalphabet“. Von Geburt an taubblinde Menschen oder taube Menschen, die vorher mit der Lautsprache aufgewachsen sind, lernen in Deutschland meist das Lorm-Alphabet. Es ist die am häufigsten genutzte Kommunikationsform von taubblinden Menschen. Lormen ist einfach zu lernen und folgt im Gegensatz zu den Grammatikregeln der Gebärdensprache den Grammatikregeln der Lautsprache. Daher bevorzugen taube Menschen, die mit der Gebärdensprache aufgewachsen sind und später erblinden die taktile Gebärdensprache.

Nahaufnahme von Händen: ein erwachsener Mann hält die Hand eines Kindes und zeichnet mit dem Zeigefinger der anderen Hand in die Handinnenfläche | © DBSV

Durch Klopfen, Streichen und Drücken werden die Buchstaben in die Hand gelormt. (DBSV)

Bei der Taubblindheit handelt es sich um eine doppelte Sinnesbehinderung. Bei dieser liegen Gehörlosigkeit und Blindheit gleichzeitig vor. Seit 2012 ist Taubblindheit eine eigenständige Behinderungsform und wird auch im Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen „TBL“ vermerkt. Dafür müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Aufgrund der Hörbehinderung einen Grad der Behinderung von mindestens 70
  • Aufgrund der Sehbehinderung einen Grad der Behinderung von 100

Laut dem deutschen Taubblindenwerk gibt es über 70 verschiedene Ursachen für Taubblindheit. Die bekannteste Ursache für Taubblindheit ist das Usher-Syndrom.

Bei der Taubblindheit unterscheidet man 2 Gruppen voneinander:

  1. Lautsprachlich orientierte taubblinde Menschen: Diese Personengruppe ist erst später in ihrem Leben ertaubt. Dies führt dazu, dass sie vorher die Lautsprache erwerben konnten. Hierzu können auch gehörlose Menschen gehören, die durch eine lautsprachliche Erziehung keine Gebärdensprache gelernt haben. Durch gute Schriftsprachkompetenz nutzen sie das Lormen als Kommunikationsform.
  2. Gebärdensprachlich orientierte taubblinde Menschen: hierbei handelt es sich um gehörlose Menschen, deren Muttersprache die Gebärdensprache ist. Mit zunehmender Sehbehinderung bietet die taktile Gebärdensprache eine Alternative.

Mit dem Lormen ist gut ein langsames Sprechtempo zu erzielen. Während das Tippen, Streichen und Drücken schnell geht, erfordert das „Lesen“ deutlich mehr Konzentration und Übung.

Die Geschichte des Lormens: Hieronymus Lorm

Das Lormen entwickelten Hieronymus Lorm, seine Tochter und seine Frau. Nach seinem Tod hat seine Tochter überarbeitet und veröffentlicht.

Hieronymus Lorm wurde 1821 in Tschechien geboren und verwendete diesen Namen als Pseudonym. Er war eigentlich unter dem Namen Heinrich Landesmann bekannt, Schriftsteller und Philosoph. Nach seiner eigenen Ertaubung mit 15 und Erblindung entwickelte er das Lorm-Alphabet

Das Lormen: So funktioniert es

Beim Lormen liegt die Hand auf der gelormt wird auf dem Handrücken. Man unterscheidet beim Lormen zwischen Strichen und Punkten. Zwischen Groß- und Kleinbuchstaben wird nicht unterschieden. Ein Strich bedeutet, dass immer von der Fingerspitze Richtung Handwurzel gestrichen wird, sofern dies nicht anders beschrieben wird. Ein Punkt bedeutet, dass die Stelle kurz angetippt wird. Ebenso können Kreise und Kreuze auf die Handfläche gemalt werden oder Finger zusammengedrückt werden. Ein leichter Schlag oder ein Wischen auf der Handfläche steht für ein Wortende. Das „ß“ wird zu „ss“.

„Ja“ wird mit einem doppelten Schlag auf die Handfläche oder den Handrücken signalisiert. Die Antwort „Nein“ wird mit zwei gegenläufigen Streichbewegungen auf der Handfläche oder dem Handrücken signalisiert. Haben Sie sich vertan? Dann können Sie dies mit einer Wischbewegung über die gesamte Handfläche ausdrücken. Die Nutzung des Lormalphabetes, besonders bestimmter Sonderzeichen, kann regional sehr unterschiedlich sein.

Gelormt wird dabei in die linke Hand der taubblinden Person. Dafür sitzt man am besten links von der taubblinden Person, um mit der rechten Hand die Zeichen in die linke Hand der taubblinden Person zu lormen. Sowie auch in die linke Hand empfangen wird. In Ausnahmefällen wird die rechte Hand genutzt. Handelt es sich um ein Fragezeichen oder eine Ziffer, so wird diese in die Handfläche gemalt. Eine Alternative wäre es diese Zeichen zu morsen oder wie bei der Brailleschrift können Ziffern durch die Buchstaben A-J und einem Zahlenzeichen (umgedrehtes L) aufgeschrieben werden.

Eine genaue Auflistung der Bewegungen stellt der DBSV zur Verfügung:

  • a: Punkt auf Daumenspitze
  • ä: Doppelpunkt auf Daumenspitze
  • b: Strich am Zeigefinger
  • c: Punkt auf Handwurzel
  • d: Strich am Mittelfinger
  • e: Punkt auf Zeigefingerspitze
  • f: Zusammendrücken von Zeige- und Mittelfinger
  • g: Strich am Ringfinger
  • h: Strich am kleinen Finger
  • i: Punkt auf Mittelfingerspitze
  • j: Doppelpunkt auf Mittelfingerspitze
  • k: Punkt auf Handflächenmitte mit vier zusammengeführten Fingern
  • l: Langer Strich am Mittelfinger bis zur Handwurzel
  • m: Punkt auf Wurzel des kleinen Fingers
  • n: Punkt auf Wurzel des Zeigefingers
  • o: Punkt auf Ringfingerspitze
  • ö: Doppelpunkt auf Ringfingerspitze
  • p: Langer Strich Richtung Fingerspitze an der Zeigefingeraußenseite
  • q: Langer Strich Richtung Fingerspitze an der Außenseite des kleinen Fingers
  • r: kurzes Trommeln auf die Handfläche
  • s: Kreis in die Handfläche „malen“
  • t: Strich am Daumen
  • u: Punkt auf Spitze des kleinen Fingers
  • ü: Doppelpunkt auf Spitze des kleinen Fingers
  • v: Punkt auf Daumenballen
  • w: Doppelpunkt auf Daumenballen
  • x: Strich quer über die Handwurzel
  • y: Strich quer über vier Finger (außer Daumen)
  • z: Strich vom Daumenballen zur Wurzel des kleinen Fingers
  • ch: Kreuz auf die Handfläche streichen
  • sch: Zusammendrücken der vier Finger (außer Daumen)
  • st: Strich an der Außenseite des Daumens Richtung Fingerspitze

Wie sieht mein Name gelormt aus? Dies ist eine Funktion, die die Seite Fakoo anbietet. Dort kann der eigene Name eingegeben werden und die passenden Lormbewegungen werden angezeigt.

Das Lormen ist ein sogenanntes Tastalphabet. | © DBSV Das Lormen ist ein sogenanntes Tastalphabet. (DBSV)

Die Kommunikationsform „Lormen“: Ich möchte das Lormen lernen

Auf der Seite Fakoo kann man online das Lormen lernen. Auf der Seite wird das Programm erklärt, das dort zur Verfügung steht. Außerdem bieten noch weitere Seiten Lernmöglichkeiten an: Braille, Moon, Quadoo, Fingeralphabet, LormNiessen, Morse, ColorAdd.

Außerdem bietet diese Seite weitere hilfreiche Informationen an, auf welchen Seiten man das Lormen lernen kann:

Ebenso enthalten sind weitere Downloads wie das Lorm-Alphabet als grafische Druckversion (Textversion des Lorm-Alphabets). Wie auch die Vorlage für einen Lormhandschuh. Diese können Sie auch beim Fachdienst ITM kaufen.

Welche Alternativen gibt es zum Lormen?

Neben dem Lormen kann man alternativ auch:

  • Großbuchstaben oder Blockschrift in die Handflächen schreiben
  • Das Malossi-Alphabet anwenden (Tastalphabet auf der Handfläche)
  • Manual Alphabet (Zweihand-Fingeralphabet)
  • Daktylieren (Fingeralphabet abfühlen)
  • Niessen-Alphabet (Tastalphabet auf dem Handrücken)
  • Taktile Gebärdensprache (eine Option für Menschen die vor ihrer Erblindung die Gebärdensprache genutzt haben)
  • Visual Frame (mit Sehrest werden verkleinerte Gebärden im stark eingeschränkten Blickfeld eines tauben Menschen durchgeführt)
  • Morsen (Klopfalphabet)
  • Tadoma (Abfühlen der Artikulationsbewegung. Dabei berührt der Daumen oder Zeigefinger die Lippenbewegung, während die anderen Finger die Wangen- und Halsbewegungen abfühlen)
  • Braille (Dabei handelt es sich um ein einseitiges oder zweiseitiges elektronisches Hilfsmittel mit Braille-Ausgabe für die taubblinde Person und Tastatur für die Assistenzperson)
  • Fingerbraille (Blindenschrift wird auf die Finger der Person getippt)
  • Tandem (mit vorhandenem Hörrest werden Laute wahrgenommen

Das Lormen: Was ist eine Assistenz und wie bekomme ich sie?

Die Taubblindenassistenz (Abkürzung: TBA) nennt sich auch persönliche Assistenz. Über die Eingliederungshilfe kann diese beantragt werden. Hierfür sollte der Stundenbedarf aufgeführt werden. Planen Sie auch mit unregelmäßigen Terminen, damit Sie genügend Assistenzstunden genehmigt bekommen und auch diese Termine abgedeckt werden. Der DBSV hat auf seiner Seite ein Beispiel veröffentlicht, wie ein solcher Wochenplan aussehen kann. Ebenfalls werden hier Jahresaktivitäten, Urlaub, Behördengänge oder kulturelle Veranstaltungen berücksichtigt. Eine ähnliche Liste gibt es auch von Sven Fiedler.

Den Antrag können Sie formlos stellen. Für den Antrag benötigen Sie Nachweise über Ihre Behinderung, eine Darstellung des Bedarfes (Was brauchen Sie und warum?) und eine Kostenaufstellung. Auch Einkommen und Vermögen werden geprüft.

Danach erhalten sie einen Bescheid. Entweder erhalten Sie eine Ablehnung oder eine Bewilligung. In beiden Fällen wird die Begründung vorhanden sein und eine Rechtsbelehrung. Wenn Sie mit der Entscheidung nicht zufrieden sind, können Sie einen Widerspruch einlegen. Dieser muss innerhalb eines Monats folgen. Sie können auch Widerspruch einlegen und die Begründung später einreichen. Wichtig ist nur, dass der Widerspruch innerhalb des Zeitraumes eingelegt wird. Sie können hierbei auch Unterstützung erhalten.

Wie finde ich eine Assistenz, die meinen Bedarf abdeckt? Auf der Seite des Taubblindenassistenz Verband e.V. finden Sie ein Assistenzformular bei dem Sie den Einsatzbereich (Freizeit, Medizin, Ehrenamt, etc.), dem Ort, der Zeit (Darum, Uhrzeit), der Kostenübernahme, dem Geschlecht und der Kommunikationsform auswählen können.

Hier können Sie sich das Qualifikationsprofil einer Taubblindenassistenz herunterladen.

Lormen: Finanzierung der TBA

Über die Eingliederungshilfe und im medizinischen Bereich gibt es eine geregelte Bezahlung für die Taubblindenassistenz. Der TBA Verband e.V hat mit NRW und Hamburg (dies gilt jedoch nur für die AOK), Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Sachsen eine Vereinbarung über die Leistungen der Kranken- und Pflegeversicherung und der Taubblindenassistenz. Für die Kostensätze werden die Kommunikationshilfenverordnung (KHV) § 5 (3) in Verbindung mit dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) § 9 (5) herangezogen und daran ein Kostensatz berechnet. Laut dem Verband beträgt der Stundensatz einer Taubblindenassistenz € 63,75. Die Summe bezieht sich auf den Stand 24.11.2022.

Je nachdem, wofür man die Assistenz benötigt, kann ein unterschiedlicher Träger für die Finanzierung in Frage kommen.

Wird beispielsweise eine Assistenz für die Arbeit benötigt, so kann die Agentur für Arbeit, das Inklusionsamt, die Rentenversicherung oder die Unfallversicherung in Frage kommen. Wird die Assistenz bei Besuchen von Ärzt*innen, Krankenhäusern, Kuren? Dann wird die Krankenkasse für die Finanzierung zuständig sein. Wenn man die Assistenz für den Alltag benötigt (Einkauf, Freizeit), dann wird die Eingliederungshilfe für die Finanzierung verantwortlich sein.


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