Hilfe bei Suizidgedanken – Kein Ausweg im Leben?
Jedes Jahr sterben etwa 10.000 Menschen in Deutschland an Suizid. Die Zahlen sind alarmierend hoch, trotzdem ist Suizid immer noch ein Tabuthema. Daher ist es wichtig Alarmsignale rechtzeitig zu erkennen. Das Sprechen darüber kann Suizidgefährdeten den ersten Rettungsanker bieten.
Psychische Erkrankungen sind heutzutage immer noch von Schweigen und Tabu umhüllt. (Christian Newman/unsplash)
Trotz der hohen Anzahl der Suizide ist das Thema heutzutage immer noch von Schweigen und Tabu umhüllt. Die Mehrheit der durch Suizid verstorbenen Menschen litten an psychatrischen Erkrankungen, besonders Häufig an Depression. Auch weitere Faktoren, wie belastende Lebensumstände, Suchterkrankungen und Schizophrenie erhöhen das Suizidrisiko.
Kein Ausweg
Zahlen allein sprechen jedoch nicht von Einzelschicksalen. Anna (Name geändert) sah vor zehn Jahren keinen Ausweg mehr. Ihr alkoholsüchtiger Ehemann prügelte seinen ganzen Frust an ihr und ihren zwei Kindern ab.
Anna erinnert sich: „Ich war nur noch eine Hülle, war innerlich vollkommen leer. Bei einer Fahrt auf der Autobahn ging es mir dann plötzlich durch den Kopf: Jetzt den Gurt abgemacht und mit hoher Geschwindigkeit in die Bäume. Dann quält dich keiner mehr und du hast endlich deine Ruhe. Aber wegen meinen Kindern habe ich es nicht getan, denn ich liebe sie über alles.“
Zu hoher Leidensdruck
„Ein zu hoher Leidensdruck ist eine der Ursachen für Suizid,“ sagt PD Dr. phil. Vladeta Ajdacic-Gross, wissenschaftlicher Oberassistent an der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich. Einerseits könne sich dieser Druck aus aktuellen Ereignissen und Schicksalsschlägen ergeben. Beispielsweise durch Trennungen, Tod des Ehepartners oder durch Verlust der Arbeitsstelle. „Daneben könnten auch chronische oder dauerhafte Belastungen einen hohen Leidensdruck verursachen“, sagt Dr. Ajdacic-Gross.
Diverse Probleme
Suizidgedanken führen allerdings nicht immer zum tatsächlichen Suizidversucht. In akuten Stresssituationen oder Überforderung kann es durchaus vorkommen, dass ein Mensch plötzlich wie vor einer Wand steht.
Caroline (Name geändert) war schon in einer solchen Situation. „Ich war damals mit meiner ganzen Wohnsituation und meiner Familie total überfordert“, erinnert sich Caroline. „Ich stand auf einer Brücke spielte mit dem Gedanken runterzuspringen.“ Doch Caroline konfrontierte ihre Probleme und suchte Hilfe bei Freunden. „Meine Freunde haben mich total unterstützt und halfen mir, die gesamte Wohnung auszuräumen.“
Hilfe in Anspruch nehmen
Der Hilferuf an die Freunde war für Caroline erlösend. „Über die Belastungen reden zu können, wirkt für den Betroffenen schon sehr entlastend“, sagt Dr. Ajdacic-Gross. Den Angehörigen oder Freunden empfiehlt er dabei „eine zurückhaltende, empathische Gesprächshaltung einzunehmen“.
Doch wie sollen Angehörige mit dieser belastenden Situation fertig werden? „Suizidgedanken sind ein guter Grund, professionelle Hilfe und Beratung in Anspruch zu nehmen, ohne sich schämen oder hinterfragen zu müssen“, so Dr. Ajdacic-Gross.
Neue Perspektiven
Caroline konnte schließlich mit der Hilfe einer Therapeutin neuen Mut fürs Leben schöpfen. „Die Therapeutin half mir, mein Leben und auch meine Wohnung in Ordnung zu bringen und meine Sichtweise zu ändern. Die Bereitschaft und Fähigkeit Grenzen zu ziehen, haben mein Leben verändert. Heute ist meine Leben zwar immer noch nicht rosarot, aber die überwiegende Zeit bin ich damit zufrieden und auch glücklich“, sagt Caroline.
Sie führt auch ein ganz spezielles Tagebuch. „Da schreibe ich bewusst alle Erinnerungen rein, die schön sind. Kuscheleinheiten als Kind mit meiner Mutter zum Beispiel. Wenn ich dann mal das Gefühl habe, dass in meiner Kindheit einiges schiefgelaufen ist, lese ich mir die Einträge durch und weiß, dass es auch schöne Momente gab“.
Hilfsangebot für Suizidgefährdete und Angehörige:
Telefonseelsorge Deutschland
0800 1110111
www.telefonseelsorge.de