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Barrierefreier ÖPNV mit Sehbehinderung: Wie kann das aussehen?

Damit die Orientierung von blinden und sehbehinderten Menschen gewährleistet werden kann, müssen verschiedene Aspekte beachtet werden. Beispielsweise sollte auf akustische, taktile und visuelle Unterstützung zurückgegriffen werden. Ein barrierefreier ÖPNV kann die Mobilität und Teilhabe von blinden und sehbehinderten Menschen garantieren.

Eine junge Frau mit einem Blindenstock überquert eine belebte Straßenecke. Sie trägt eine gelbe Jacke, ein dunkelbraunes Oberteil und blaue Jeans. Ihr Gesichtsausdruck wirkt konzentriert. Im Hintergrund sind einige Passanten, darunter ein Mann mit einer grünen Tasche und ein weiterer in dunkler Kleidung. Es gibt auch Straßenschilder und Graffiti. | © Gesellschaftsbilder / Andi Weiland

Eigentlich sollte der ÖPNV bereits 2022 barrierefrei sein. (Gesellschaftsbilder / Andi Weiland)

Das Ziel war es, den ÖPNV bis 2022 vollständig barrierefrei zu machen (§ 8 Abs. 3 PBefG). Dass dieses Ziel 2024 noch nicht erreicht worden ist, geht zu Lasten der gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Um Menschen mit Behinderung die soziale Teilhabe und auch die Teilhabe auf dem Arbeitsmarkt zu ermöglichen, muss der ÖPNV barrierefrei ausgebaut werden.

Aber auch gesetzliche Grundlagen lassen sich an dieser Stelle heranziehen. Beispielsweise Artikel 3 GG „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ Ebenfalls lässt sich die UN-Behindertenrechtskonvention heranziehen, die seit 2009 in Deutschland gültig ist. Artikel 20 der UN-Behindertenrechtskonvention zielt auf die persönliche Mobilität ab. Mit diesem Artikel soll nicht nur die Teilhabe, sondern Selbstbestimmung und Unabhängigkeit gesichert werden. Eine persönliche und barrierefreie Mobilität setzt jedoch auch eine barrierefreie Umwelt voraus. Denn auch Haltestellen müssen barrierefrei zugänglich sein. Hier sprechen wir von der Un-Behindertenrechtskonvention Artikel 9.

ÖPNV mit Sehbehinderung: digitale Unterstützung

Damit die Mobilität von blinden und sehbehinderten Menschen gesichert ist, muss ebenfalls die Planung der Reise barrierefrei möglich sein. Hierzu zählen die Möglichkeit, sich per App oder Internetnutzung über die bevorstehende Reise zu informieren und Verbindungen herauszusuchen.

Auch muss dafür gleichzeitig bedacht werden, dass nicht jede blinde oder sehbehinderte Person ein Smartphone besitzt. Dies kann den Ticketverkauf erschweren, da sich die Ticketautomaten an Haltestellen für blinde und sehbehinderte Menschen nicht oder nur schwer bedienen lassen.

App: BlindSquare

Die App BlindSquare ist eine kostenpflichtige App. Sie kostet 44,99 Euro (AppStore). Sie ist für Apple-Geräte ausgelegt. Die App kann einem sagen, was sich in der Umgebung befindet. Gemeinsam in Kooperation mit blinden Menschen wurde diese App entwickelt und getestet. Anhand einmaliger Algorithmen entscheidet die App, welche Informationen relevant sind.

Beispiel:

„Welches ist das beliebteste Café innerhalb von 200 Metern? Wo ist die Post oder die Bibliothek?“

Ebenfalls können Straßenüberquerungen in der Nähe angesagt werden. Beispielsweise wenn Sie im Zug, im Bus oder im Auto unterwegs sind. Dann kann Ihnen die App sagen, welche interessanten Orte Sie passieren. Und hierzu zählen beispielsweise die nächste Bushaltestelle oder Kreuzung. Ebenfalls können Sie Orte speichern.

Ein Nachteil ist jedoch, dass durch die dauerhafte Benutzung von GPS im Hintergrund die Batterielaufzeit verringert werden kann.

ÖPNV mit Sehbehinderung: visuelle Unterstützung

Um blinden und sehbehinderten Menschen mehr Barrierefreiheit zu bieten, sollte auch auf folgende Aspekte geachtet werden, um die Lesbarkeit zu erhöhen und Blendung zu minimieren:

  • Entspiegeltes Glas der Schaukästen mit Fahrplänen
  • Blendfreie Belichtung
  • Barrierefreie Typographie auf Kopfhöhe
  • Ebenso an Bussen und Haltestellen
  • Kontrastreiche Leitstreifen

Dabei sollte sichergestellt werden, dass auch der Weg zur Haltestelle barrierefrei gestaltet ist.

  • Kontraststreifen an Treppen
Das Bild zeigt eine junge Frau, die eine Treppe an einer U-Bahn-Station heruntergeht. Die Station heißt "Senefelderplatz", was auf dem blauen Schild über dem Eingang steht. Die Frau hat blonde Haare, trägt eine gelbe Jacke, ein dunkles Oberteil und blaue Jeans. Sie benutzt einen weißen Blindenstock. Im Hintergrund sind einige Gebäude und der Berliner Fernsehturm sichtbar. | © Andi Weiland / Gesellschaftsbilder Nicht nur Fahrzeuge des ÖPNV müssen barrierefrei sein, sondern auch der Weg dorthin. (Andi Weiland / Gesellschaftsbilder)

ÖPNV mit Sehbehinderung: taktile Unterstützung

Auch in Bussen und Bahnen kann Brailleschrift genutzt werden. Idealerweise ist der Stop-Knopf und weitere Knöpfe in der Toilettenkabine mit Brailleschrift versehen. Gleichzeitig ist der Türöffner rechts mit einem Leuchtdiodenkreis ausgestattet. Die beiden Varianten sind farblich abgehoben gestaltet. Außerdem sollte im Idealfall der Türöffner mit einem Vibrationsmodul ausgestattet sein.

Eine barrierefreie Haltestelle besitzt ein Leitsystem, das blinde und sehbehinderte Menschen mit dem Langstock ertasten können. Dabei sollte ebenfalls ein Einstiegsfeld vorhanden sein. An diesem Feld sollen die Busse halten und ihre Türen öffnen. Alles weitere zum Thema Leitsystem können Sie in unserem dazugehörigen Artikel „Das Leitsystem: Mit dem Langstock durch die Welt“ nachlesen.

Auch hier ist es wieder wichtig, dass der Weg zur Haltestellen barrierefrei zugänglich ist. Dies schließt ebenfalls Blindenampeln ein, die für einen sicheren Übergang für blinde und sehbehinderte Menschen sorgen.

Treppengeländer und Aufzüge sollten mit Braille- und Erhabenerschrift versehen werden. So können blinde und sehbehinderte Menschen den Aufzug bedienen und an Treppengeländern erfahren, zu welchem Gleis diese Treppe führt.

ÖPNV mit Sehbehinderung: Akustische Unterstützung

Ein wichtiger Aspekt, um mit Sehbehinderung unabhängig mit dem ÖPNV mobil zu sein, sind akustische Informationssysteme an der Haltestelle und im Bus.

An der Haltestelle sollte eine dynamische Fahrgastinformation ein „Klopf“-Signal von sich geben. So sind diese und die Haltestelle auffindbar. Außerdem sollten sich so die Abfahrtszeiten der Linien, die Nummer der Haltestelle, an welcher Haltestelle man sich gerade befindet und die Wartezeiten ansagen lassen. Sowie auch weitere Informationen, die Relevant sind:

  • Ausfälle
  • Verspätungen
  • Haltestellen, die abweichend nicht angefahren werden

In den Verkehrsmitteln sollten die Haltestellen abgesagt werden. Die Lautsprecherdurchsagen sollten im gesamten Fahrzeug verständlich sein und in Echtzeit erfolgen. Dies sorgt dafür, dass blinde und sehbehinderte Menschen, die auf die Durchsagen angewiesen sind, an den gewünschten Haltestellen aussteigen können.

Außerdem:

  1. In NRW können telefonische Fahrplaninformationen für Bus und Bahn unter der Telefonnummer 01803 504030 abgerufen werden.
  2. Auch bei der Deutschen Bahn können Sie telefonisch Fahrpläne, Fahrplanänderungen und Fahrpreise abfragen.

Zusätzliche Merkmale

Auch weitere Merkmale rund um Haltestellen und den Weg zur Haltestellen sorgen dafür, dass blinde und sehbehinderte Menschen gefahrlos diese Auffinden und den ÖPNV nutzen können.

Beispielsweise gehört hier auch die Baustellensicherung zu den Merkmalen. Nicht nur, dass hierdurch bekannte Wege versperrt werden, sondern auch die Absperrungen an sich zu einem Gefahrenpotential werden können. Plastikbänder, wackelige Querlatten, nicht vollständig abgesperrte Baustellen, können von blinden und sehbehinderten Menschen schnell übersehen werden und mit dem Langstock nicht oder nur schwer ertastet werden. Die Mutmaßliche Zerstörung von Absperrungen kann dabei schwerwiegende Folgen für blinde und sehbehinderte Personen haben.

Ebenfalls wichtig ist die Anpassung der Sicherheitstechnik an den automatisch schließenden Türen. Diese können Personen einklemmen, sowie Hilfsmittel oder durch die Berührung kann das Gleichgewicht von blinden und sehbehinderten Personen gestört werden. Gefährlich ist dies vor allem, da blinde und sehbehinderte Personen sich oftmals an dem Fahrzeug zur Tür entlangtasten.

Ebenfalls wichtig ist die Räumung der Haltestellen, um die Barrierefreiheit vor Ort sicherzustellen. Zum Beispiel sollte darauf geachtet werden, dass die Leitstreifen bei Schneefall geräumt werden, um die Orientierung von blinden und sehbehinderten Menschen zu sichern.

Abruptes Bremsen oder Anfahren kann gerade für blinde und sehbehinderte Personen, die nicht oft den ÖPNV nutzen, zu einem Gefahrenpotential werden. Dies vor allem, wenn alle Sitzmöglichkeiten besetzt sind. Umso wichtiger ist es, dass diese Personengruppe von Fahrer*innen auf Sitzmöglichkeiten aufmerksam gemacht wird und von Mitfahrenden möglicherweise sogar ein Platz freigemacht wird.


Wir bedanken uns bei der ADAC Stiftung für die Unterstützung zu diesem Artikel.


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