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Vom Reha-Buggy zum Rollstuhl

Die neunjährige Jasmin ist von einer Hereditären spastischen Spinalparalyse (HSP) betroffen, weshalb sie kürzere Strecken mit ihren orthesengestützten Beinen zurücklegt. Für längere Strecken sind ihre Beine nicht kräftig genug und daher war sie lange auf ihren Reha-Buggy angewiesen. Mittlerweile ist es ihr Kinder-Rollstuhl.

zwei Frauen von hinten mit Buggys und zwei Kinder die einen Kinderbuggy schieben | © pixabay

Es gibt viele verschiedene Arten von Buggys für individelle Bedürfnisse. (pixabay)

Reha-Buggys sehen meistens wie herkömmliche Kinderwagen aus und können in der Regel bei Kindern mit einer körperlichen Behinderung ab etwa einem halben Jahr eingesetzt werden. Im Gegensatz zu einem Reha-Buggy ist der Reha-Kinderwagen flexibler.

Sieht wie ein Kinderwagen aus

„Der Reha-Buggy ist eine relativ stabile Geschichte ohne Verstellmöglichkeiten. In der Praxis heißt das meistens: Kind reinsetzen, Beckengurt schließen und dann geht es los. Diese Reha-Wagen gibt es auch fast bis in den Erwachsenenbereich rein“, erklärt Carsten Hochwald, Orthopädietechniker, den Unterschied zum weitaus flexibleren Reha-Kinderwagen.

Denn es gibt nicht einfach nur den einen Reha-Kinderwagen. „Die Ansprüche an einen Reha-Kinderwagen sind so vielfältig wie die Krankheitsbilder der Kinder, die einen Reha-Kinderwagen benötigen“, sagt Hochwald. Beim Sanitätshaus Luttermann-Wesel ist Hochwald seit 17 Jahren zuständig für die Kinderversorgung.

„Wir haben verschiedene Anforderungen an einen Reha-Kinderwagen, je nachdem, welches Krankheitsbild das Kind hat. Das wären zum Beispiel Entwicklungsstörungen, Gehunfähigkeit, verschiedene Arten der Muskeldystrophie, verschiedene Formen des Schädel-Hirn-Traumas, Verletzungen der Wirbelsäule oder (infantile) Zerebralparesen“, zählt Hochwald auf.

Individuell abgestimmt je nach Krankheitsbild

„Hat ein Kind Epilepsie, wird beispielsweise ein Kinderwagen mit einer Sitz- und Rückenkantelung benötigt. Dadurch kann schnell eine flache Lagerung erreicht werden“, erklärt Hochwald. „Bei einem Kind mit Entwicklungsstörungen genügt dagegen ein relativ einfach gestalteter Reha-Buggy, der wie ein Regenschirm stockförmig gefaltet werden kann.“

Optional kann der Reha-Buggy – wie bei gewöhnlichen Kinderwagen – mit Zubehör wie Regenverdeck, Sonnenschirm oder Schlupfsack ausgestattet werden. „Auch ein so genanntes Buggyboard, das hinten an den Buggy montiert wird, damit das Geschwisterkind darauf stehen und mitfahren kann“, steht zur Wahl.

Es stehen selbstverständlich, aber auch behindertenspezifische Anpassungen zur Verfügung, wie etwa Kopfstützen oder Thoraxpelotten, durch welche eine seitliche Lagerung bei Wirbelsäulenverkrümmung ermöglicht wird. „An einen Reha-Buggy kann ich beispielsweise auch ein Absaug- und Sauerstoffgerät anbringen“, sagt Hochwald.

Zubehör

Bei Jasmin kamen bis zum Alter von viereinhalb Jahren bereits mehrere handelsübliche Kinderwagen zum Einsatz. Erst dann bekam sie - da sie zu groß und zu schwer wurde - auf Rezept eines Orthopäden ihren ersten Reha-Buggy: das „ITO“, erzählt Jasmins Mutter, die selbst eine Gehbehinderung hat.

„Der ITO war nicht besonders angepasst, da das bei ihr nicht nötig ist und auch die Flexibilität haben soll, selber zu entscheiden, wann sie ein- oder aussteigt. Er war nur an Körpergröße und Gewicht angepasst. Man kann ihn sogar leicht schräg stellen, damit sie schlafen konnte, was in den ersten Jahren noch ganz praktisch war“, erinnert sie sich.

Regelmäßige Anpassungen

Die Anpassung eines Reha-Buggys/-Wagen wird in der Regel in Begleitung mit behandelnden Therapeut*innen vorgenommen. „Wir haben zwar einen großen Erfahrungsschatz, aber die Therapeuten haben die Langzeitentwicklung des Kindes vor Augen und dem möchten wir nicht entgegenstehen. Daher ist eine enge Zusammenarbeit mit den Therapeuten und den Eltern gefragt“, so Hochwald.

Da Kinder naturgemäß schnell wachsen, ist eine regelmäßige Anpassung notwendig. Im Schnitt wird etwa halbjährig überprüft, ob die Einstellungen noch passen, so Hochwald: „Je älter das Kind wird, umso länger werden die Abstände.“

„In der Regel sind es die gesetzlichen Krankenkassen, die die Kosten für einen Reha-Buggy/-Wagen übernehmen“, erklärt Hochwald. Als so genannte nachrangige Kostenträger können im Einzelfall auch der Landschaftsverband oder das Sozialamt dafür aufkommen. In seltenen Fällen zahlen Eltern den Buggy aus eigener Tasche.

„Meine Erfahrungen bezüglich der Kostenübernahme durch die Kassen sind eigentlich relativ gut, wobei bei der Kostenübernahme auch immer wieder überprüft wird, ob – ähnlich wie bei Rollstühlen – eine Lagerversorgung gemacht werden kann, da die Buggys in das Eigentum der Krankenkassen übergehen, falls die Kinder daraus herausgewachsen sind.“

Umstieg auf den Kinderrollstuhl

Sobald das Kind – je nach körperlicher Entwicklung – etwa sechs bis acht Jahre alt wird, kommt ein Kinderrollstuhl in Frage. „Der Umstieg auf einen Rollstuhl ist immer ein einschneidendes Erlebnis für alle Beteiligten“, weiß Hochwald. „Der Rollstuhl sieht halt nicht mehr so kindgerecht wie ein Buggy aus.“

„Solche Rollstühle sind schnell als solche erkennbar“, bestätigt Jasmins Mutter. „Anfangs hatte Jasmin Angst vor dem Rollstuhl, aber heute geht sie offen damit um. Der Rollstuhl gibt ihr Sicherheit, Flexibilität, Freiheit und Schnelligkeit.“

Im Reha-Buggy können Kinder mit einer körperlichen Behinderung ihre ersten „Gehversuche“ probieren und die Grenzen ihrer Mobilität austesten sowie erweitern, lange bevor sie auf den Rollstuhl umsteigen.

Mädchen in Rollstuhl | © Danny Nee/unsplash Mit etwas sechs bis acht Jahren kann auf einen Kinderrollstuhl gewechselt werden (Danny Nee/unsplash)

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