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Lambda hoch zwei: Das Jugendnetzwerk für die LSBTIQ

In Berlin trifft sich eine Gruppe von LSBT-Jugendlichen, die von der Gesellschaft oft noch doppelt ausgegrenzt wird: Sie haben eine Behinderung und sind homo- oder transsexuell. Das integrative Projekt "Lambda hoch zwei" bringt sie und andere Gleichgesinnte ohne Behinderung zusammen.

Eine Wand mit Regenbogen, auf dem YES geschrieben steht. | © Emily Webster / Unsplash

Lamba hoch 2 – ein integratives Projekt für LSBTQI-Jugendliche mit und ohne Behinderung. (Emily Webster / Unsplash)

Seit Oktober 2010 kommen Sarah und Bilal jeden zweiten Mittwoch im Monat ab 18:30 Uhr in die ZIK Orangerie in Berlin. Was wie eine private Verabredung aussieht – sie sind zusammen mit Malex zu dritt –, ist ein integrativer Gruppentreff der Jugendfreizeitgruppe Lambda².

Sarah, 25, studiert Frühpädagogik und hat zusammen mit dem Philosophiestudenten Malex die Gruppenleitung inne. Bilal, 28, arbeitet seit Januar 2011 als Praktikant bei Lambda² mit. Was die beiden verbindet, ist zum einen ihre Behinderung: Sarah hat eine chronische Erkrankung und Bilal eine Sehbeeinträchtigung von 90 Prozent.

Zum anderen haben sie beide eine andere sexuelle Orientierung als der Großteil der Gesellschaft. Sarah und Bilal fühlen sich den so genannten LSBT-Menschen zugehörig. Das Kürzel steht für lesbisch, schwul, bi- oder transsexuell. Deshalb engagieren sie sich bei Lambda² – gesprochen: Lambda hoch zwei.

Weil es sich um eine integrative Gruppe handelt, ist in ihren Reihen auch ein Jugendlicher ohne Behinderung: Malex. Er kennt sich aber wegen seiner Hautfarbe bereits mit Diskriminierung aus und möchte seine Erfahrungen gerne als Gruppenleiter weitergeben.

Monatlicher Treff in der ZIK Orangerie

„Lambda² ist eine Gruppe beziehungsweise ein Projekt im Jugendnetzwerk Lambda Berlin-Brandenburg e.V., das jungen LSBT-Menschen mit und ohne Handicap eine politische Stimme geben soll“, sagt Kathrin Schultz, Projektkoordinatorin von Lambda². 

Das Jugendnetzwerk Lambda vertritt die Interessen junger Lesben, Schwuler, Bisexueller und Transgender in Öffentlichkeit und Politik, heißt es auf der Webseite des Berlin-Brandenburger Lambda-Landesverbandes. Als Zeichen wurde der griechische Kleinbuchstabe λ (Lambda) genommen – ein weltweites Symbol für lesbische und schwule Lebensweisen.

1999 wurde eine Jugendgruppe für LSBT-Jugendliche mit Behinderung unter dem gleichen Namen gegründet, jedoch mit einer hochgestellten Zwei: Lambda². Die hochgestellte Zwei soll die doppelte Andersartigkeit betonen: Vom anderen Ufer und eine Behinderung. „Das bedeutet aber auch doppelte Ausgrenzung – sowohl in der Gesellschaft als auch in der LSBT-Community“, weiß Kathrin Schultz. 

Doch weil die staatliche Förderung auslief, schlief das Projekt ein – bis es September 2010 aus dem Dornröschenschlaf erwachte.

Beratungsangebot zum Coming-out

„Menschen mit Handicap werden von der Gesellschaft allgemein ausgegrenzt, vor allem in der schwulen Szene mit ihren erhöhten Schönheitsidealen und dem Drang hin zum ‚perfekten’ Körper noch einmal mehr“, so die Diplom-Sozialpädagogin Schultz weiter. „Durch das Handicap wird das Coming-out weiter erschwert“. Deshalb will Schultz, die bereits seit der Gründung 1999 dabei ist, heute als Lambda²-Projektreferentin das Selbstvertrauen der Jugendlichen stärken und berät sie auch zum Thema Coming-out, aber auch zu anderen Problemen.

Bilal etwa ließ sich bereits beraten – zu seinen beruflichen Chancen als Mensch mit Behinderung sowie zu Möglichkeiten, in Berlin einen Partner zu finden. Und auch Sarah ging bereits mit ihren privaten Problemen zu den Gruppenleitern. Sarah ist schon seit neun Jahren dabei „Für mich war Lambda schlichtweg meine Eintrittskarte in die Szene. Ich kannte zuvor keine Menschen wie mich“, erzählt sie. „In diesem Rahmen konnte ich mich entwickeln und definieren. Heute noch entwickle ich mich und Lambda begleitet mich immer noch weiter!“, sagt die Wahlberlinerin.

Aufklärungsarbeit in Schulen und Vereinen

Außerdem hält Schultz Vorträge und Workshops zum Thema Homo- und Transsexualität mit Behinderung. „Vor allem in Schulen gibt es noch sehr viel Aufklärungsbedarf, aber auch bei Mitarbeiter*innen in Behindertenverbänden und -vereinen ist das noch ein großes Tabu“, weiß Schultz. „Nicht zuletzt soll man bei Lambda² sich kennenlernen und miteinander Spaß haben können. Hier sollen Begegnungsmöglichkeiten für Jugendliche geschaffen werden unabhängig davon, welche körperlichen oder kulturellen Hintergründe die Jugendlichen mitbringen“, so Schultz weiter. 

„Lambda² ist ein Ort, wo alle so sein können, wie sie sein möchten“, findet Bilal. „Mich interessieren Filme und Literatur über Menschen mit Handicap“ – bei den bisherigen Gruppen-Treffs gab es einen Filmabend (es lief ein Film über behinderte Liebe) sowie eine Literaturrunde zu Ursula Eggli, einer Schweizer Autorin und Aktivistin für die Behindertenbewegung.

Unterwegs sein in der Szene

Aber Bilal möchte in Zukunft auch viele verschiedene Menschen kennenlernen und barrierefreie Ausflüge machen. Deshalb würde er sich sehr über einen Szene-Guide mit Tipps zum (barrierefreien) Ausgehen in Berlin freuen. Das steht bei Lambda² bereits in der Planung. „Denn wir möchten uns stark an den Bedürfnissen der Jugendlichen orientieren. Und auch eine integrative Disco ist geplant“, erzählt Schultz.

„Natürlich ist die Gruppe mit momentan drei Teilnehmer*innen noch sehr klein“, sagt Schultz. Beim letzten Gruppentreff im Januar war jedoch eine junge Frau mit dem Asperger-Syndrom dabei und für den nächsten Termin hat sich ein Jugendlicher mit Down-Syndrom angekündigt. „Interessierte melden sich nach und nach und werden auch kommen“, so Schultz.

Aber sie weiß auch, dass für manche Jugendlichen die Teilnahme an den Treffen schwierig ist: „Mit ihnen bleiben wir dann per E-Mail oder telefonisch in Kontakt.“ Im Januar 2011 wurde eine große Versandaktion gestartet – Flyer wurden an Behindertenverbände, -einrichtungen und -schulen geschickt. „Darüber erhoffen wir uns einen größeren Zulauf“, sagt Schultz.

Für LBST-Jugendliche, denen Berlin zu weit weg ist, existieren immer noch sehr wenige vergleichbare Angebote, weiß Schultz. "Deshalb ist Lambda² auch eine Art Pilotprojekt". Eine mögliche Anlaufstelle ist jedoch der Verein Queer Handicap, der bundesweit aktiv ist. 


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