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Förder- oder Regelschule – eine wichtige Frage für Zukunft

Seit der UN-Behindertenrechtskonvention können Eltern die Schulform ihrer Kinder aussuchen. Doch welche ist am Ende die richtige? Eine Antwort, die großen Einfluss auf den späteren Beruf sowie Jobchancen haben kann.

Rechenschieber für Kinder | © pixabay

Manche Kinder sind auf Förderschule besser aufgehoben und werden dort individuell bei ihrem Lernerfolg unterstützt. (pixabay)

Auch für Kinder mit körperlichen sowie geistigen Beeinträchtigungen ist die Einschulung irgendwann ein wichtiges Thema. Aber auf welche Schule soll das Kind? Auf die Förderschule, wo das Kind unter „Seinesgleichen“ ist und entsprechend gefördert wird? Oder auf eine Regelschule, auf der das Kind zusammen mit nicht beeinträchtigten Kindern nach gewöhnlichem Lehrplan unterrichtet wird?
Oder die Eltern entscheiden sich für eine Mischform und melden ihr Kind bei einer integrativen Schule an. 

Inklusion oder Förderung?

Helmut Gensler arbeitet seit Jahrzehnten als Sonderschullehrer am Förderzentrum mit dem Schwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung in Coburg. Im sogenannten „mobilen sonderpädagogischen Dienst“ beschäftigt sich Gensler seit langem mit der Frage, wo der jeweils passende Förderort für das Kind ist.
Kein einfaches Thema. Denn nicht jedes Kind mit einer Behinderung passt in eine integrative Schule. Auch wenn Betroffenenverbände die Inklusion von Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft stärker denn je einfordern: Die Einschulung sollte sorgfältig angegangen werden. Schließlich geht es um das Wohl, aber auch um die Zukunft des Kindes.

Was müssen Eltern also beachten, wenn ihr Kind eingeschult werden soll? Welche Kriterien sollten für eine Schulwahl ausschlaggebend sein? Und worin liegen die Vor- und Nachteile der verschiedenen Schulformen?

Um überhaupt eine Wahl zu haben, muss man Alternativen kennen lernen, also verschiedene Schulen besuchen und sich dort vor Ort erkundigen und dort mit den Schülern selbst reden
Genslers erster Tipp für die Wahl der Schulform

Integration macht Schule

„Sehr hilfreich und fair ist es, der Schule entsprechende aktuelle medizinische Gutachten zur Kenntnis zu geben.“
In Bayern werde die wohnortnahe, integrative Schule propagiert, erzählt Gensler. Wolfgang Blaschke hält das für die richtige Lösung: „Kinder sollten wohnortnah beschult werden. Dadurch wird auch das soziale Umfeld des Kindes durch die Einschulung nicht verändert – das Kind bleibt weiterhin mittendrin.“

Blaschke ist Diplom-Pädagoge und arbeitet in der Beratungsstelle des Vereins mittendrin e.V., den er mitgegründet hat. Auf dessen Webseite heißt es: „Wer als Erwachsener integriert leben will, sollte das als Kind schon lernen dürfen.“

Ein Kind malt in der Schule | © pixabay Das Wissen über die individuellen Bedürfnisse des Kindes kann auch Aufschluss darüber gehen, welche Schulform die richtige ist (pixabay)

Integration von klein auf leben

„Wohnortnah heißt Regelschule“, meint Blaschke. „Sondereinrichtungen fördern keine gesellschaftliche Teilhabe, da man unter sich bleibt und den Umgang mit Vielfalt nicht lernen kann. Außerdem ist der Anreiz, von den anderen Kindern zu lernen, in der Regelschule größer und damit auch der Lernerfolg.“

Gensler sieht das jedoch kritischer: „Jede pauschale, vereinheitlichende Antwort kann dem Kind nicht gerecht werden. Allen Beteiligten sollten die individuellen Bedürfnisse des Kindes klar sein.“ Darunter versteht Gensler nicht nur das schulische Lernen, sondern auch die persönliche, körperlich-motorische Entwicklung, die Selbstständigkeit, das Selbstbewusstsein, das soziale Wohlfühlen in der Gemeinschaft und die kommunikative Ebene.

Entscheiden sollten individuelle Bedürfnisse

„Regelschulen sind zwar ortsnah, gesellschaftlich akzeptiert und für den Staat günstiger“, so Gensler weiter, „aber in der Regel fehlen barrierefreie Räumlichkeiten sowie in der Förderpädagogik ausgebildetes Lehrpersonal.“ Letzteres gelte zum Teil auch für integrative Schulen, außerdem könne dort nicht ausreichend auf die einzelnen Kinder eingegangen werden – ab einer gewissen Klassenstärke.

Dagegen habe eine Förderschule umfangreicheres, spezialisiertes Personal. Kleinere Klassen sowie geringere Anforderungen bei den Lerninhalten würden somit, so Gensler, mehr Zeit für die Persönlichkeitsbildung bedeuten. Je nach Kind könne die Förderschule seiner Meinung nach die bessere Wahl sein.

Reduzierte gesellschaftliche Teilhabe

Allerdings räumt Gensler ein, dass „durch die Ganztagesbeschulung einer Förderschule weniger Sozialkontakte mit den Nachbarkindern“ entstehen würden. Blaschke pflichtet ihm in diesem Punkt bei: „Gesellschaftliche Teilhabe wird so reduziert.“

Der selbstverständliche Umgang mit der Verschiedenheit kann in Sondereinrichtungen nicht gelernt werden.

Die teils entgegensetzten Positionen von Gensler und Blaschke lassen sich beide nachvollziehen. In der Frage „Welche Schule für mein Kind?“ gibt es die eine Antwort nicht. Denn das individuelle Gesamtwohl des Kindes sei doch der zentrale Punkt, findet Gensler. 

Es besteht aber kein Grund zur Sorge – auch nach der Entscheidung nicht: Haben sich die Eltern für eine Schule entschieden, können sie es sich später immer noch anders überlegen. Doch sollte auch dieser Punkt wohlüberlegt werden, denn „Kinder werden aus ihren vertrauten Zusammenhängen gerissen und müssen sich neu orientieren. Ich rate Eltern immer, erst alle anderen Mittel auszuschöpfen und gemeinsam mit den Lehrer*innen nach Lösungen zu suchen, bevor sie sich für einen Wechsel entscheiden.“, so Blaschke.

Eine Patentlösung gibt es am Ende nicht. Es ist aber auf jeden Fall von Vorteil, sich im Vornherein umfassend zu informieren und die verschiedenen Alternativen kennenzulernen – und das am besten vor Ort. Bekommen Sie so ein gutes Gefühl, was das Beste für Ihr Kind sein kann und entscheiden Sie am Ende mit Ihrem Kind zusammen. 


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